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Die Cyber Security-Bedrohung erreichte 2024 neue Rekordwerte: Täglich entstanden 309.000 neue Schadprogramm-Varianten, in Deutschland allein wurden 131.391 Cybercrime-Fälle registriert. Parallel dazu zeigt der aktuelle Verizon Data Breach Investigations Report eine alarmierende Tendenz: 68 % aller Datenlecks gehen auf menschliche Fehler zurück – also auf unbeabsichtigte Handlungen der eigenen Mitarbeitenden. Diese Zahlen machen deutlich: Technik allein kann moderne Cyberangriffe nicht abwehren. 

Bedrohungslage von Cyberangriffen in Deutschland auf einen Blick (2024, laut Bundeskriminalamt):

178,6 Milliarden Euro Schäden durch Cyberangriffe 

950 in Deutschland gemeldete Ransomware-Angriffe auf Unternehmen und Institutionen – damit ist Deutschland das vierthäufigste betroffene Land weltweit 

Täglich 2 bis 3 schwerwiegende Ransomware-Attacken 

Human Firewall: Definition und strategische Bedeutung

Eine Human Firewall bezeichnet die organisationsweite Fähigkeit von Mitarbeitenden, Cyberrisiken zu erkennen, angemessen darauf zu reagieren und Sicherheitsprinzipien im Arbeitsalltag zu leben. Sie bildet damit eine grundlegende Verteidigungslinie neben technischen Lösungen und Prozessen.

Der Wesenskern einer effektiven Human Firewall liegt im strategischen Zusammenspiel von Mensch, Organisation und Technik. Eine Vielzahl erfolgreicher Cyberangriffe wird auf menschliche Fehler zurückgeführt, doch genau dieser Faktor kann durch zielgruppenspezifische Kommunikation, maßgeschneiderte Schulungen und Befähigung zur stärksten Verteidigungslinie werden. 

Zentrale Eigenschaften einer wirksamen Human Firewall sind:

  • Wachsamkeit: natürliche Skepsis unter anderem gegenüber ungewöhnlichen Anfragen und E-Mails, außerdem Aufmerksamkeit für unbefugte Personen im Büro, fehlende Ausweise von Besucher:innen, offenliegende vertrauliche Dokumente oder ungesicherte Arbeitsplätze
  • Informiertheit: fundiertes Verständnis aktueller Bedrohungen und Sicherheitsrichtlinien
  • Lernbereitschaft: Offenheit für kontinuierliche Weiterbildung und das Einholen von Rat bei Unsicherheiten
  • Verantwortungsbewusstsein: Bewusstsein für die eigene Rolle und den eigenen Beitrag zum Schutz der Organisation sowie prompte Meldung verdächtiger Aktivitäten
  • Ein Blick für Details: Fähigkeit, kleinste Unregelmäßigkeiten zu erkennen – sowohl digital (wie Rechtschreibfehler oder ungewöhnliche Absenderadressen) als auch analog (nicht ordnungsgemäß entsorgte Dokumente, unverschlossene Bildschirme, unsachgemäße Lagerung vertraulicher Unterlagen) 

Warum Cybersicherheit innovative Ansätze braucht

Moderne Cyberangriffe werden zunehmend komplexer und sophistizierter. Angreifende kombinieren heute technische Schwachstellen gezielt mit psychologischen Manipulationstechniken und nutzen dabei den menschlichen Faktor systematischer denn je.  

Phishing-Angriffe – also Angriffe mit gefälschten E-Mails von vertrauenswürdigen Personen aus dem Arbeitsumfeld – kommen beispielsweise vollständig ohne schädliche Links oder Anhänge aus. Mit natürlicher Kommunikation zielen sie direkt auf Mitarbeitende ab, um finanzielle Transaktionen zu bewirken, sensible Daten in Erfahrung zu bringen oder andere schädliche Aktionen durchzuführen. Kombiniert mit KI-Tools werden solche Angriffe noch überzeugender: Die Nachrichten sind gut formuliert, enthalten keine Rechtschreibfehler, passen sich automatisch an den Schreibstil der imitierten Person an und können massenhaft versendet werden.  

Künstliche Intelligenz verschärft die Gefahr aber auch auf anderen Wegen: KI-generierte Deepfake-Videos täuschen beispielsweise Videokonferenzen vor und Voice-Cloning-Technologien imitieren Stimmen von Vorgesetzten für betrügerische Anrufe.  

Neben dieser Entwicklung steigt auch die Komplexität der IT-Landschaften kontinuierlich: Neue und alte Softwareprodukte kommen simultan zum Einsatz, ganze Arbeitsbereiche sind nur virtuell zugänglich und andere werden miteinander vernetzt. Die daraus resultierenden neuen Arbeitsprozesse eröffnen nicht nur Mitarbeitenden, sondern auch Angreifenden neue Möglichkeiten.

Hinzu kommt der regulatorische Druck: Die Umsetzung der NIS2-Richtlinie in Deutschland verschärft die Anforderungen an die Cybersicherheit erheblich. Die Richtlinie betrifft Zehntausende von Unternehmen mit verschärften Cyber Security-Anforderungen. Parallel dazu müssen Unternehmen Standards wie die ISO 27001 und TISAX erfüllen – beide fordern beispielsweise regelmäßige Sicherheitsschulungen (ISO 27001 Kontrolle A.7.2.2) und den sicheren Umgang mit vertraulichen Informationen durch alle Mitarbeitenden. Ohne eine funktionierende Human Firewall ist das schwer zu gewährleisten. 

ISO 27001 und TISAX im Überblick

Die ISO 27001 ist eine internationale Norm für Informationssicherheitsmanagementsysteme (ISMS). Sie definiert systematische Anforderungen für die Einführung, Umsetzung und kontinuierliche Verbesserung der Informationssicherheit in Unternehmen, inklusive Mitarbeitenden-Awareness und Schulungsprogramme.

TISAX (Trusted Information Security Assessment Exchange) ist ein Branchenstandard der Automobilindustrie für den sicheren Austausch von sensiblen Informationen zwischen Herstellern und Zulieferern. Er basiert auf der ISO 27001 und stellt besondere Anforderungen an den Schutz von Prototypdaten und Geschäftsgeheimnissen.  

Beyond Training: Die moderne Human Firewall

Eine zukunftsfähige Human Firewall geht weit über klassische Awareness-Trainings hinaus. Sie erfordert eine systematische Integration in das Informationssicherheitsmanagementsystem (ISMS) und eine Verankerung in der Unternehmenskultur.

Eine zukunftsfähige Human Firewall geht weit über klassische Awareness-Trainings hinaus. Sie erfordert eine systematische Integration in das Informationssicherheitsmanagementsystem (ISMS) und eine Verankerung in der Unternehmenskultur.

Vom Bewusstsein zur „Cyber Security Culture“

Der Weg zu einer robusten Human Firewall folgt oft dem Entwicklungspfad: Awareness → Verhalten → Kultur. Dieser Transformationsprozess lässt sich unter anderem durch das ADKAR-Modell von Prosci darstellen:​ 

  • Awareness: Bewusstsein für Cyberrisiken und deren Auswirkungen schaffen
  • Desire: Verständnis für die eigene Bedeutung als Teil der Human Firewall entwickeln und die Bereitschaft, Verantwortung für Cybersicherheit im eigenen Arbeitsalltag zu übernehmen
  • Knowledge: Praktisches Wissen über Bedrohungen und Schutzmaßnahmen vermitteln
  • Ability: Fähigkeiten zur Erkennung und angemessenen Reaktion auf Bedrohungen aufbauen
  • Reinforcement: Kontinuierliche Verstärkung und Verankerung der Verhaltensänderungen 

Strukturelle Enabler als Erfolgsfaktor

Der vom ADKAR-Modell beschriebene Veränderungsprozess muss in der Praxis durch geeignete organisatorische Rahmenbedingungen gestützt werden. Nur dann kann sich eine nachhaltige Cyber Security Culture entfalten. Diese strukturellen Enabler umfassen:

Organisationale Priorität und Ressourcen: Angemessene personelle, finanzielle und zeitliche Ressourcen müssen für Cyber Security-Initiativen bereitgestellt werden. Die Anzahl der Personen, die sich mit Cybersicherheit befassen, das verfügbare Budget und die Zeit für Weiterbildung bestimmen maßgeblich den Erfolg.

Leadership und Vorbildfunktion: Führungskräfte müssen Cybersicherheit aktiv unterstützen und als integralen Bestandteil in den Arbeitsalltag ihrer Teams einbetten. Nur wenn das Management vorlebt, was es predigt, entsteht echte Glaubwürdigkeit.

Systematische Verankerung: Cybersicherheit muss in alle Unternehmensprozesse eingebettet werden – vom Onboarding neuer Mitarbeitender bis zur strategischen Geschäftsentwicklung. 

Bewährte Maßnahmen und Formate für die Human Firewall

Um einen guten Reifegrad praktisch zu erreichen und weiter auszubauen, sind konkrete Maßnahmen erforderlich. Zur Stärkung der Human Firewall gibt es vielfältige, zielgruppenspezifische Ansätze aus den Bereichen Awareness, Kommunikation, Enablement und Training, beispielsweise:

Awareness und Kommunikation: 

  • Crossmediale Motto-Kampagnen
  • Newsletter mit aktuellen Bedrohungswarnungen
  • interaktive Podcast-Formate
  • spielerische Quiz-Formate
  • regelmäßige Ask-me-Anything-Sessions mit IT-Security-Expert:innen  
  • gezielte Sensibilisierung für Deepfake-Technologien 

Enablement und Training: 

  • Web-basierte Lernplattformen
  • praxisnahe Präsenzschulungen
  • kompakte How-to-Guides
  • durchgängige Learning Journeys
  • realistische Phishing-Simulationen  
  • innovative Formate wie mobile Escape-Trucks, um Cybersicherheit erlebbar zu machen 

Entscheidend für den nachhaltigen Erfolg sind dabei: 

  • Häufigkeit und crossmediale Vernetzung: Regelmäßige Sicherheitsmaßnahmen – von Phishing-Simulationen über Newsletter bis hin zu Trainings – halten Cybersicherheit dauerhaft präsent und verhindern, dass das Thema depriorisiert wird.
  • Personalisierung: Trainings sollten an individuelle Kompetenzniveaus, Sprachen und Rollen angepasst sein.
  • Gamification: Belohnungssysteme, Punktesysteme und weitere spielerische Ansätze können Motivation und Engagement steigern.
  • Positive Verstärkung: Mitarbeitende, die verdächtige Auffälligkeiten korrekt identifizieren, sollten Anerkennung erhalten, statt Angst zu entwickeln. 

Wie MHP die Human Firewall stärkt und Cyber Security Culture verankert

MHP versteht Cyber-Resilienz als ganzheitliches Zusammenspiel von Mensch, Organisation und Technik. Unser Human-Firewall-Ansatz kombiniert strategische Beratung mit praktischen Umsetzungsmaßnahmen.

Deswegen entwickeln wir keine isolierten Awareness-Programme, sondern schaffen systematische Veränderungsprozesse. Unser Ansatz verbindet Awareness, Enablement und Culture. 

  • Awareness: klare, verständliche Kommunikation durch Storytelling-Ansätze und einfache Sprache
  • Enablement: gamifizierte Trainings, realitätsnahe Simulationen und interaktive, auf die Zielgruppen zugeschnittene, Lernformate
  • Culture: kontinuierliche Verankerung von Sicherheitskultur über alle Rollen und Hierarchieebenen hinweg, zum Beispiel durch Workshops und Awareness/Enablement-Sessions

Mitarbeitende werden durch den Change-Management-Ansatz nach dem ADKAR-Modell zudem individuell auf ihrem Weg zu einem Cyber Security Mindset begleitet. Maßgeschneiderte Interventionen berücksichtigen persönliche Motivationen, Gewohnheiten und Lernpräferenzen. 

Konkrete Programm-Bausteine sind unter anderem: 

  • Entwicklung und Durchführung zielgruppenspezifischer Awareness-Kampagnen
  • Aufbau interaktiver Trainingsprogramme
  • professionelles Community-Management zur Förderung des Erfahrungsaustauschs
  • Erstellung praxisnaher Quick-Guides für den Arbeitsalltag
  • Aufbau einer Cyber Security Brand in Organisationen 

Das führt zu messbaren Ergebnissen für Ihr Unternehmen: 

  • Sicherheitsniveau steigt: signifikant weniger Cyberangriffe durchdringen erfolgreich die Human Firewall
  • Kosten sinken: Reduktion der Nachbearbeitungskosten durch weniger Incidents
  • Kulturwandel: Cybersicherheit wird von der lästigen Pflicht zum gelebten Wert
  • Compliance: Beitrag zur Erfüllung regulatorischer Anforderungen wie NIS2, ISO 27001 und TISAX 

Stärken Sie Ihre Mitarbeitenden zur wirksamsten Verteidigungslinie gegen Cyberangriffe. Gemeinsam entwickeln wir eine Human Firewall und verankern Cybersicherheit nachhaltig in Ihrer Unternehmenskultur. 

Fazit: Human Firewall als strategischer Erfolgsfaktor

Die Herausforderungen für Cybersicherheit werden durch neue Technologien immer komplexer – zuletzt etwa durch KI. Gleichzeitig steht der Mensch im Zentrum der meisten Cyberangriffe und sollte dementsprechend auch als größter Hebel für eine wirksame Abwehr systematisch befähigt werden. Dabei sind vor allem die folgenden drei Grundsätze essenziell: 

  1. Alle Mitarbeitenden benötigen individuelle Unterstützung: Der Weg zu einem Cyber Security Mindset ist höchst persönlich und erfordert ganzheitliche, maßgeschneiderte Maßnahmen. Nur so wird aus allen Mitarbeitenden ein aktiver Teil der Human Firewall.
  2. Aufbau einer ganzheitlichen Cyber Security Culture: Eine starke Sicherheitskultur entsteht ausschließlich durch das Zusammenspiel von Menschen, strukturellen Enablern und organisatorischen Rahmenbedingungen. Messbare Sicherheit und nachhaltige Kulturwirkung werden erreicht, wenn Technologie, Organisation und Menschen im Einklang agieren.
  3. Der Zeitpunkt zum Handeln ist jetzt: Die regulatorischen Anforderungen steigen, die Angriffe werden sophistizierter und die Schadenssummen erreichen Rekordhöhen. Unternehmen, die frühzeitig in ihre Human Firewall investieren, schaffen nicht nur Compliance-Konformität, sondern entwickeln einen nachhaltigen Wettbewerbsvorteil. 

Die Human Firewall ist ein kontinuierlicher Prozess der Befähigung und Kulturentwicklung. Wenn Sie diesen Weg konsequent gehen, verwandeln Sie das größte Sicherheitsrisiko in die stärkste Verteidigungslinie. Wir unterstützen Sie gerne dabei. 

FAQs

Was ist eine Human Firewall und brauchen wir das wirklich?

Eine Human Firewall ist ein strategisches Sicherheitskonzept, das Mitarbeitende zu einer wirksamen ersten Verteidigungslinie gegen Cyberangriffe macht. Bei 68 % aller Datenlecks ist der menschliche Faktor beteiligt. Das verdeutlicht, dass technische Lösungen allein nicht ausreichen. Eine gut ausgebildete und sensibilisierte Belegschaft kann Angriffe erkennen und stoppen, bevor sie Schaden anrichten. 

Wie zahlt die Human Firewall auf Cyber Security ein?

Die Human Firewall ergänzt technische Schutzmaßnahmen durch menschliche Aufmerksamkeit, Wissen und richtiges Verhalten. Sie macht aus der potenziell größten Sicherheitslücke eine effektive Verteidigungslinie im Unternehmensnetzwerk. 

Was sind die Erfolgsfaktoren für eine Cyber Security Culture in Organisationen?

Eine erfolgreiche Cyber Security Culture basiert auf drei Säulen: erstens systematische Befähigung der Mitarbeitenden durch kontinuierliche Schulungen und realistische Simulationen. Zweitens strukturelle Enabler wie ausreichende Ressourcen, Leadership-Support und klare Verantwortlichkeiten. Drittens messbare Verankerung in allen Unternehmensprozessen – von der Personalauswahl bis zur strategischen Planung. 

Welchen Einfluss haben Führungskräfte auf die Human Firewall bzw. die Cyber Security Culture?

Führungskräfte sind entscheidend für den Erfolg einer Human Firewall. Sie müssen Cybersicherheit aktiv vorleben, ausreichend Ressourcen bereitstellen und das Thema in den Arbeitsalltag ihrer Teams integrieren. Nur wenn die Unternehmensführung Cybersicherheit als Kernwert etabliert und unterstützt, entsteht eine Kultur, in der sich Mitarbeitende befähigt fühlen, Sicherheit zu priorisieren. Ohne glaubwürdiges Engagement der Führungsebene bleiben Sicherheitsinitiativen oberflächlich und wirkungslos. 

Über unsere Autorin

Ein "Better tomorrow" geht nicht ohne:

eine starke Human Firewall

Mein Herz schlägt schneller für…:

 ...Awarenesskampagnen mit Wow Effekt

Kim Grossmann

Senior Manager People & Culture

Über unsere Autorin

Ein "Better tomorrow" geht nicht ohne:

  1. Echten Teamgeist, weil wir gemeinsam weiterkommen als allein
  2. Menschen, die den Wandel nicht nur denken, sondern mitgestalten
  3. Eine klare Richtung und den Mut, diesen Weg zu gehen
  4. Klare Kommunikation, die Orientierung gibt und Vertrauen schafft 

Mein Herz schlägt schneller für…:

  • starke Teams, in denen echte Verbindung entsteht
  • kreative Konzepte, die überraschen
  • Stimmen, die gehört werden

Argjenda Rexha

Consultant People & Culture