Jump to content

Die Wirtschaft und vor allem die Industrie sehen sich mit noch nie dagewesenen Herausforderungen konfrontiert: mit dem Klimawandel, dem rasanten technologischen Fortschritt sowie der inter- und intragenerationellen Gerechtigkeit. Während der Druck nachhaltig zu handeln von Staat und Gesellschaft steigt, verkünden Investmentgesellschaften wie BlackRock, dass Unternehmen, die keinen positiven Beitrag zur Umwelt und sozialen Nachhaltigkeit leisten, aus den Portfolios verschwinden werden. Die Bewältigung dieser komplexen Herausforderungen erfordert eine neue Kompetenz: nachhaltige Führung.

Wieso werden nachhaltige Führungsprinzipien benötigt?

Da politische Organisationen, gesellschaftliche Gruppen, Investoren und weitere Stakeholder erwarten, dass Umwelt-, Sozial- und Governance-Maßnahmen (ESG) in Unternehmen implementiert und integriert werden, sind nachhaltige Leadership-Prinzipien notwendig – denn Wandel wird in den meisten Fällen durch das Management eingeleitet und getrieben!

Nachhaltige handelnde Führungskräfte müssen wissen, wie ein Unternehmen geführt wird, das die Anforderungen der heutigen Generation erfüllt, ohne die Bedürfnisse der zukünftigen Generationen zu gefährden. Das heißt konkret, die Entscheidungen und das Handeln stets darauf auszurichten, die langfristige Balance aus wirtschaftlicher Leistungsfähigkeit, sozialer Gerechtigkeit und ökologischer Verantwortung zu gewährleisten. Und: Führungskräfte befähigen nicht nur ihre Mitarbeiter*innen, sondern auch andere Stakeholder, wie Kunden und Lieferanten, negative Auswirkungen der Wertschöpfung auf Umwelt und Gesellschaft zu reduzieren und positive Beiträge zur nachhaltigen Entwicklung zu leisten.

Welche Qualitäten werden von nachhaltigen Führungskräften verlangt?

1. Strategy Alignment

Erfolgreiches wirtschaftliches Handeln ist eng mit der Unternehmensstrategie verknüpft. Vision, Zielbilder und Handlungsvorgaben eines Unternehmens definieren die Positionierung in der zukünftigen Wettbewerbssituation und bilden die Grundlage für ein starkes Leistungsversprechen. Nachhaltigkeitsaktivitäten von Unternehmen sind häufig reaktiv und durch äußere Einflüsse getrieben – die Integration in strategische Geschäftsziele meist nur rudimentär. Eine solche Trennung von Geschäftsmodell und Nachhaltigkeit ist nicht mehr zeitgemäß. Denn Nachhaltigkeit ist Teil des großen Ganzen. Eine nachhaltig handelnde Führungskraft identifiziert die stärksten Nachhaltigkeitshebel mit dem größten Business Impact, priorisiert Ziele anhand unternehmensspezifischer Relevanzkriterien und stellt die Harmonisierung mit der Unternehmensstrategie sicher.

2. Governance Strength & Resilience

Wenn Compliance- und Risikomanagement-Systeme versagen, wird es teuer: BP zahlt wegen der Deepwater-Horizon-Katastrophe etwa 62 Milliarden Dollar. Shell kosteten Umweltverschmutzungen, Menschenrechtsverletzungen und Korruptionsvorfälle über 5 Milliarden Euro. In vielen Fällen existieren bereits Governance-Strukturen, effektiv umgesetzt und gelebt werden diese jedoch häufig nicht. Hinzu kommt, dass Blind Spots nicht systematisch aufgedeckt werden. Denn je weitreichender und komplexer das Unternehmensumfeld, desto herausfordernder ist auch die Umsetzung der Kontrollmechanismen im Unternehmensalltag. Während die rechtlichen Anforderungen immer umfangreicher und spezifischer werden (z.B. Lieferkettengesetz, Batteriegesetz) und darüber hinaus mit empfindlichen Sanktionen versehen sind, scheitern Unternehmen aufgrund der Komplexität oftmals an der operativen Integration in die Geschäftsprozesse. Nachhaltig handelnde Führungskräfte sind für die Einhaltung von Rechts- und Unternehmensvorschriften innerhalb der Prozesse verantwortlich. Hierfür müssen sie ihren Mitarbeiter*innen Leitplanken vorgeben, in denen regelkonform gehandelt werden kann. Als Reaktion auf veränderte Governance-Vorschriften ist es die Aufgabe nachhaltig handelnder Führungskräfte, diese Leitplanken fortlaufend anzupassen

3. Data Transparency

Wie nachhaltig ist ein Unternehmen wirklich? Um das bewerten zu können, stehen Unternehmen vor einer zentralen Herausforderung: Sie müssen für Transparenz und Verwertbarkeit von Prozess-, Produktions- und Produktdaten entlang des gesamten Lebenszyklus sorgen. Ob Reduktion der Emissionen, Sicherung der Menschenrechte oder Erhöhung von Produkt-Rezyklatanteilen – erst auf Basis valider Daten können realistische Nachhaltigkeitsziele definiert und gesteuert werden. Auf dieser Grundlage entstehen neue Erkenntnisse, die für strategische Entscheidungen genutzt werden können und die Marktposition stärken. Das Potenzial ist groß, denn Digitalisierung und Nachhaltigkeit gehen Hand in Hand. Viele der Sustainable Development Goals der Vereinten Nationen lassen sich nur durch technologische Lösungen wie Big Data, Blockchain und IoT erreichen. Eine nachhaltig handelnde Führungskraft ist in der Lage das Potenzial von Daten zu erkennen und zu nutzen, um unternehmerisch zielführende Entscheidungen zu treffen.

4. People, Culture & Innovation

Ein gemeinsames Ziel kann nur dann effektiv verfolgt werden, wenn ein einheitliches Verständnis über Chancen und Risiken, Stärken und Schwächen vorherrscht und wenn ein klarer Umsetzungsplan mit eindeutigen Verantwortlichkeiten existiert. Konkret geht es um den Abbau von Vorbehalten gegenüber Nachhaltigkeit, das damit verbundene Aufzeigen von Nachhaltigkeitspotenzialen, sowie die Förderung der Eigenverantwortung der Mitarbeiter*innen. Denn erst wenn sie für das Thema Nachhaltigkeit sensibilisiert sind, können Ziele effizient erreicht werden. Da die Herausforderungen der Gesellschaft und Unternehmen im Nachhaltigkeitskontext immer komplexer und vielseitiger werden, bedarf es weiterer Innovationen, um neue Lösungen und Geschäftsmodelle zu entwickeln. Eine nachhaltig handelnde Führungskraft vermittelt nachhaltiges Denken und Handeln, integriert nachhaltige Ziele in Zielvereinbarungsgesprächen und fördert mitarbeiterinitiierte Ideen und Konzepte, um Innovationen zu ermöglichen. Dies stellt die Basis für eine nachhaltige Unternehmenskultur dar.

Stakeholder Communication

Mitarbeiter:nnen und Shareholder, Kunden und Lieferanten, Regierungs- und Nicht-Regierungsorganisationen sowie viele mehr: Die Liste der Stakeholder eines Unternehmens ist lang und facettenreich. Jeder einzelne stellt Anforderungen an das Unternehmen beziehungsweise an die Führungskräfte. In der Vergangenheit sind es insbesondere die negativen Auswirkungen der Geschäftstätigkeit eines Unternehmens gewesen, die dafür gesorgt haben, dass Umweltschützer oder Menschenrechtsorganisationen gegen die Unternehmen vorgegangen sind. Allerdings kann die Stakeholder-Kommunikation mit Partnern auch dazu führen, gemeinsam nachhaltige Lösungen zu entwickeln, Branchenstandards zu etablieren und Gesetze zu erwirken, damit ein fairer Wettbewerb sichergestellt werden kann. Eine nachhaltig handelnde Führungskraft geht aktiv in den Dialog mit den betroffenen Stakeholdern und identifiziert Risiken frühzeitig, um Reputationsschäden und Sanktionen zu vermeiden.
 
Im Laufe der Jahre sind etliche Führungstheorien entwickelt, gelehrt und gelebt worden – sie waren stets eine Reaktion auf die Herausforderungen und Erwartungen ihrer Zeit. Angesichts des voraneilenden, digitalen Wandels und der Notwendigkeit zum nachhaltigen Handeln werden jetzt insbesondere nachhaltig handelnde Unternehmen und Führungskräfte benötigt, um diese komplexen und immer schneller werdenden Veränderungen erfolgreich zu bewältigen.